Fotografieren
Früher habe ich selten Fotos gemacht. Heute weiß ich warum. Fotos zu machen ist wie eine Konservierung von Erinnerung. Es ist wie ein Stempel auf dem Ereignis, auf dem Menschen, auf der Landschaft, der sagt: „Teil meines Lebens“. Es ist der Versuch festzuhalten. Ein Foto ist eine vorweggenommene Erinnerung.
Teilweise habe ich mich strikt geweigert, überhaupt einen Fotoapparat mit auf meine vielen Reisen zu nehmen. Es fühlte sich an wie eine Entweihung der Erlebnisse und Eindrücke. Das was wirklich gut ist und ein echtes Erlebnis, bleibt auch in mir erhalten, wenn ich davon keine Fotos habe. So dachte ich.
Heute weiß ich, das dem nicht so ist, und das das auch nur eine Ausrede war. In Wirklichkeit bedeutet es Fotos zu haben, die Erinnerungen einzuschließen, sich selbst in dem was war zu finden. Es bedeutet, das die Erinnerungen es einem Wert sind, in das Leben integriert zu werden. Scheinbar gibt es nicht nur eine Angst vor dem Loslassen, sondern für manche auch eine Angst vor dem Festhalten.
So wie Bindungsangst eigentlich Trennungsangst ist, war meine Weigerung zu fotografieren ein vorweggenommener Protest gegen die Vergänglichkeit meines Lebens, meine ganz private Weigerung die Endlichkeit von allem anzuerkennen. Vielleicht war ich auch manchmal einfach beleidigt, schließlich wird der Grand Canyon auch noch da sein, wenn ich längst begraben bin.
Anmerkung für Digital Natives: Vor der digitalen Bilderflut durch Handys hatten Fotografien eine andere Bedeutung als heute.